Das Farbspektrum der wählbaren Parteien ist ziemlich umfangreich – fast so wie das der Ostsee, in der jedoch eine Farbe stark dominiert – Grün! Ob es nach der Auszählung der Wahlzettel in den drei Parlamenten ebenfalls grüner wird, werden wir sehen.
Nach einem kurzen Sondierungsgespräch fiel unsere Wahl an diesem Sonntag auf das Grün der Ostsee. Unsere Erststimme erhielt heute das Hausriff in Börgerende, die Zweitstimme der Kurs schnurstracks zu den Mergelbänken. Anstelle der Wahlzettel falteten wir zunächst jedoch unser Tauch-Equipment zusammen und trafen uns in aller Frühe auf dem Parkplatz vor dem Feriencamp.
Dort angekommen, stand unsere Vorbereitung auf den Wahl- bzw. Tauchgang jedenfalls unter Beobachtung diverser Wahlbeobachter: Spaziergänger, Hundebesitzer, Biker, Nordic-Walker, Urlauber und sonstige Strandbesucher. Ganz ohne Kommentare ging es wie immer weder vor noch nach dem Tauchgang zu. Es ist eben immer noch etwas Besonderes in Börgerende, auch wenn wir in unserem Wahlkreis seit mehr als zehn Jahren auf Wahlplakate verzichten. Nun ja.
Zurück zum Grün. Hier in der Ostsee hat Grün! ürigens immer eine Mehrheit, da das mit Mikroplankton gefüllte nordeuropäische Brackwassermeer einfallendes Licht in dieser Farbe reflektiert. Das macht das Tauchen in der Ostsee auch so entspannend, einfach divetastisch.
Die Fraktion des heutigen Kälteschutzes setzte sich bei mir aus Neopren zusammen: schwarz, eleastisch, kompromissbereit, haut- bzw. volksnah und zu allem entschlossen – auch wenn das Klima mal etwas rauer wird. Bestehend aus Anzug (7 Millimeter), Eisweste (5 mm), Kopfhaube (7 mm), Handschuhen (6 mm), Socken und Tauchschuhen (zusammen 5 mm) bildeten diese eine den Taucher schützende Gemeinschaft und auf jeden Fall für heute eine gute Wahl. Bei Trockentauchsportfreund Torsten fiel die Wahl als Stammwähler ganz trocken auf den gleichnamigen Tauchanzug. Auch gut.
An der Großen Ausrüstung-Koalition beteiligten sich darüber hinaus das Jacket Scubapro Hydros Pro, eine 12-Liter-Stahlflasche mit knapp 2.400 Litern frisch-gepresster Atemluft aus dem Blue-Life-Center in Rostock, zwei erste Stufen mit je einem Atemregler, eine Kamera im Unterwasser-Gehäuse, Flossen, Maske sowie ein Tauchcomputer.
Im Gegensatz zur Berliner Wahlleitung waren wir also gut vorbereitet und der Tauchgang konnte beginnen. Einfach herrlich ins 15 ° Celsius noch verhältnismäßig warme Ostseewasser abzutauchen. Mit leichter Strömung starteten wir auf unseren mehr als zweistündigen Unterwasserspaziergang, einem einfachen Nordwest-Umkehrkurs, über Sand, Seegras, Geröll zu den Mergelbänken, die wir jedoch nur leicht an den südlichen Ausläufern streiften. Das meiste Leben spielte sich bereits im flachen Wasser ab.
Die Gras-, See- und Schlangennadeln in fast allen Farben und Größen schafften es heute deutlich über die 5 Prozent-Hürde, ebenso die Schwärme von Schwimmgrundeln, Krabben und herrlichen Ostseegarnelen. Ihren großen Auftritt legte dann eine exorbitant große Feuerqualle über den Mergelbänken hin. War sie auf der Suche nach einer rotgrünen Koalition? So wie ein junger Seeskorpion, der hektisch über das Hausriff zog, gleich einem Politiker auf der Suche nach passenden Koalitionspartnern? Weiß man nicht. Weiter buhlten einige (wenige) Plattfische und Seesterne um unsere Aufmerksamkeit ebenso wie eine juvenile Aalmutter mitten im Seegras und der gut im Blasentang getarnte Seestichling. Vielfältig, dynamisch und bunt, einfach herrlich!
Nach dem Ende des Tauchgangs lagen die ersten Hochrechnungen vor. Gewonnen hatte wieder einmal die Erkenntnis, dass die Ostsee hier vor der Haustür Rostocks der größten Stadt in Mecklenburg-Vorpommern, einer der schönsten Tauchplätze überhaupt ist – immer wieder gleich und doch jedes Mal anders.
Immer gibt es etwas zu entdecken, zu beobachten und zu finden. Meine Wahl für die nächsten vier Jahre steht jedenfalls fest – Ostsee, grün!